Der Aufstieg bargeldloser Bezahlung an Automaten

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In einem kürzlichen CCV-Artikel haben wir uns mit sieben starken Trends in der Verkaufsautomatenbranche beschäftigt. Im einleitenden Absatz liegt der Fokus auf bargeldlosem Bezahlen, außerdem erkunden wir die Möglichkeit, in der Verkaufsautomatenbranche per Smartphone zu bezahlen, auch als „mobile Geldbörse“ bezeichnet.

In diesem Artikel gehen wir näher auf den Aufstieg bargeldlosen Bezahlens und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für das Verkaufsautomatengeschäft ein. Dieses Thema haben wir in drei Bereiche unterteilt: Kartenzahlungen, mobile Zahlungen und verknüpfte digitale Konten.

Der Hintergrund bargeldloser Zahlungen

Das Verbraucherverhalten ändert sich schneller denn je. Laut der EZB ist die Anzahl bargeldloser Zahlungen innerhalb der EU zwischen 2016 und 2017 um 7,9 % auf 134 Milliarden angestiegen.

Eine bargeldlose Gesellschaft ist ein realistisches Szenario für die nahe Zukunft – zumindest für einige Länder. Da weniger Menschen im Alltag Bargeld nutzen, lohnt es sich immer weniger, die bargeldbasierte Infrastruktur aufrechtzuerhalten. Dies hat einen Schneeballeffekt zur Folge, der zu einer breitflächigeren Umstellung auf digitale Transaktionen führt.

Die Aussicht auf eine bargeldlose Gesellschaft ist umstritten. Es gibt starke Kritiker, die Sicherheitsbedenken, Sorgen vor einer Dominanz der Banken und eingeschränkter Unabhängigkeit äußern. Außerdem besteht die Gefahr, Menschen zu marginalisieren, die auf Bargeld angewiesen sind – also jene ohne Bankkonto oder Zugang zu digitaler Technologie.

Dies sind anerkannte Risiken einer bargeldlosen Gesellschaft, welche berücksichtigt werden sollten. Es handelt sich dabei jedoch nicht um unlösbare Probleme. Im Vereinigten Königreich entwickeln Wohltätigkeitsorganisationen bereits Lösungen, mit denen Obdachlose bargeldlose Spenden erhalten können. Während das übergeordnete Ziel selbstverständlich darin besteht, Obdachlosigkeit zu eliminieren, stellen diese Initiativen sicher, dass schutzbedürftige Menschen bei weniger Bargeld im Umlauf nicht auf der Strecke bleiben.

Schweden ist dem Ziel, ein bargeldloses Land zu werden, wohl am nächsten; lediglich 1 % der Transaktionen in der Wirtschaft beruht auf Banknoten und Münzen. Bei Bürgern im Alter zwischen 18 und 24 Jahren werden 95 % aller Käufe per Karte oder Smartphone getätigt. Am meisten erstaunt, dass schätzungsweise die Hälfte aller schwedischen Einzelhändler ab 2025 keinerlei Bargeld mehr annehmen wird.

Jedes Land hat eine andere kulturelle Beziehung zu Bargeld und dies beeinflusst die Wahrscheinlichkeit und/oder das Tempo der Umstellung auf bargeldlose Zahlungsoptionen.

Bargeldlose Automaten

Mit Blick auf den Hintergrund des Anstiegs bargeldloser Zahlungen überrascht es wenig, dass die Verkaufsautomatenbranche in diesem Bereich eine wichtige Rolle einnimmt.

Aus Kundenperspektive ist es unpraktisch, wenn an Verkaufsautomaten nur Bargeldzahlungen möglich sind, und aus Verkäuferperspektive kann die Nutzung von Bargeld komplex und kostspielig sein. In seinem exzellenten und detaillierten Beitrag für Vending Market Watch nimmt Paresh Patel die versteckten Kosten ins Visier, die mit der Annahme und Verarbeitung von Bargeld verbunden sind. Das ist lesenswert für jeden Verkäufer, der die Pros und Kontras abwägt.

Unabhängig davon lautet das unbestrittene Fazit, dass es ein gewaltiger Fehler ist, sich nur auf Bargeld zu verlassen. Wenn Kunden häufig mit anderen Methoden zahlen, wäre es töricht, solche Gewohnheiten nicht zu berücksichtigen. Tatsächlich kann die Integration einer bargeldlosen Zahlungslösung sowohl Bar- als auch bargeldlose Verkäufe steigern:

„Durch die Integration einer bargeldlosen Option wird ein Verkaufsautomat attraktiver, da man so mehrere Zahlungsmöglichkeiten hat. Man stelle sich eine Gruppe von Teenagern vor, die Erfrischungsgetränke kaufen wollen: Hat einer von ihnen kein Bargeld dabei und kann man am Automaten nicht bargeldlos zahlen, könnte die ganze Gruppe weitergehen und die Getränke anderswo kaufen. Ermöglicht man bargeldloses Bezahlen, so kann die ganze Gruppe den Automaten benutzen, sowohl mit als auch ohne Bargeld. Damit werden beide Verkaufsarten gesteigert.“

Man denkt automatisch an Chip und Pin oder kontaktlose Kredit- und Debitkarten. Diese bargeldlosen Zahlungsmethoden kommen bei Verkaufsautomaten in der Tat am häufigsten vor – Kunden möchten jedoch verschiedene Zahlungsmöglichkeiten mittels Smartphone zur Verfügung haben.

Werfen wir einen Blick auf diese unterschiedlichen Optionen und ihre Bedeutung für die Automatenbranche.

Kartenzahlungen

Gemäß einer Untersuchung der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich boomt das Bezahlen per Karte; das bedeutet jedoch nicht das Ende des Bargelds. Es werden massive geografische Unterschiede genannt, weshalb die „Bargeldlosigkeit“ anscheinend kein allgemeingültiger Trend ist: Die Nutzung von Bargeld hängt stark vom Land ab.

Unbestritten ist jedoch der Zuwachs an Kartenbezahlgeräten; zwischen dem Jahr 2007 und dem Jahr 2016 hat sich ihre Anzahl in entwickelten Ländern verdoppelt. Der Durchschnittswert einer Kartentransaktion ist gesunken, was auf eine bessere Infrastruktur und Bereitschaft, kleinere Beträge per Karte zu zahlen, schließen lässt.

„Die Menschen haben mehr Karten und benutzen sie häufiger. Die durchschnittliche Anzahl an Zahlungskarten (z. B. Kredit- und Debitkarten) pro Person in CPMI-Mitgliedsländern ist im Zeitraum von 2007 bis 2016 von 1,1 auf 2,5 angestiegen. Dieser Zuwachs ist vor allem auf in Schwellenländern ausgestellte Karten zurückzuführen, da sich die Anzahl der Karten pro Person in den meisten entwickelten Ländern kaum verändert hat. Die Nutzungshäufigkeit von Karten hat von durchschnittlich etwa 60 Transaktionen pro Person im Jahr 2000 auf beinahe 85 im Jahr 2016 zugenommen. In Australien, Korea, Schweden und den Vereinigten Staaten verwendet ein Durchschnittsbürger eine Karte mehr als 300 mal im Jahr, während die Zahl in Indien und Mexiko weniger als 25 mal im Jahr beträgt.“

Zwar besteht nicht für jedes Land der Welt eine konkrete Aussicht auf eine bargeldlose Gesellschaft, doch es ist ein Fakt, dass Kartenzahlungen zunehmen. Die Verkaufsautomatenbranche hat sich schnell an diese Tendenz angepasst: Münzenautomaten werden im großen Stil ersetzt (bzw. aufgerüstet) und kontaktlose Terminals werden in alle neuen Verkaufsautomaten auf dem Markt integriert.

Chip und Pin ist dabei zwar die gängigste Technologie, doch dieser Trend wird besonders durch kontaktlose Kartenzahlung weiter verstärkt. Im Jahr 2018 gab Mastercard an, beinahe 50 % aller Kartentransaktionen in Europa seien kontaktlos, und prognostizierte, dass kontaktloses Bezahlen bis zum Jahr 2020 an allen Kassenterminals möglich sein werde.

Natürlich sieht die Verkaufsautomatenbranche hier nicht tatenlos zu.

Mobiles Bezahlen

Mobiles Bezahlen nimmt zu, was einen massiven Einfluss auf die Automatenbranche hat.

Eine Untersuchung zeigt, dass mehr als 87 Millionen Menschen weltweit Apple Pay nutzen; der Konkurrent Samsung kann etwa 34 Millionen Nutzer vorweisen.

Diese Systeme geben im Westen den Ton an, doch China ist in einer anderen Liga. Mobile Zahlungen haben sprunghaft zugenommen; 47 % aller Smartphonebesitzer nutzen ihre mobile Geldbörse. WeChat Pay allein hat 600 Millionen Nutzer, beim Konkurrenten Alipay sind es derzeit etwa 400 Millionen Nutzer.

Beim Zahlungsverhalten in anderen Ländern gestaltet sich der Wandel schwieriger. In Europa und den USA ist der Trend zwar beeindruckend, lässt sich aber nicht ansatzweise mit dem viralen Wachstum in China vergleichen. In Südkorea soll jeder Vierte mobile Geldbörsen nutzen; besonders ausgeprägt ist dieses Phänomen unter den jungen und wohlhabenden Bevölkerungsgruppen. Indien soll die nächste Hochburg für mobiles Bezahlen werden, wobei die Konnektivität jedoch eine Herausforderung darstellt.

Was bedeutet diese weltweit zunehmende Beliebtheit des mobilen Bezahlens nun für die Verkaufsautomatenbranche? Ganz einfach… die Betreiber dieser Geräte müssen mobiles Bezahlen ermöglichen.

Tatsächlich reagiert die Branche auf den Aufstieg der „Mobile First“-Gesellschaft, in der das mobile Internet eine tragende Rolle spielt, und stellt sich technologisch auf die neuen Umstände ein. Wie Nick Montano für Vending Times beschreibt, dauert es eine Weile, im Mainstream Fuß zu fassen, doch das wird sich ändern:

„Ein Grund für die schleppende Anpassung in der Verkaufsautomatenbranche liegt darin, dass die Betreiber bereits tausende Automaten mit Kartenlesegeräten ausgestattet haben und nicht unbedingt die Vorteile einer Integration mobiler Zahlungsoptionen erkennen. Bei neuen Standorten kann es jedoch durchaus sinnvoll sein, neben Kartenzahlungen auch mobiles Bezahlen zuzulassen.“

Da die Smartphoneindustrie die NFC-Technologie weiter vorantreibt, wird diese Option mehr Menschen im Alltag zur Verfügung stehen. Branchensprecher regen außerdem Automatenbetreiber dazu an, durch explizite Werbung für die mobile Zahlungsmöglichkeit an ihren Automaten die Wahrnehmung zu verbessern.

Verknüpfte digitale Konten

Verknüpfte digitale Konten können als „geschlossene“ Systeme betrachtet werden. Am relevantesten sind sie in Schulen oder Arbeitsstätten mit regelmäßigen, konsistenten und räumlich gebundenen Stammkunden.

Ein Kunde hat, vereinfacht erklärt, ein Konto, das über ein zentrales Terminal oder über ein Online-Transaktionsportal aufgeladen wird. Die Zahlung am Automaten kann mit einer speziellen Smartcard oder per Smartphone-App erfolgen. Daraufhin wird der Preis des gekauften Produkts vom Guthaben auf dem Kundenkonto abgezogen.

Dieses System ist bei temporären Großveranstaltungen wie Festivals, Sportveranstaltungen und Konzerten geläufig, wo die Veranstalter Zahlungen zentralisieren und den mit großen Bargeldbeträgen verbundenen Aufwand vermeiden möchten. Es kann auch anderswo zum Einsatz kommen, aber hier stellt die räumlich gebundene Zielgruppe das wesentliche Element dar.

Es bestehen Zweifel darüber, wie wirksam dieses Konzept bei räumlich nicht gebundenem Zielpublikum ist. Wie kann man Kunden dazu motivieren, eine App zu installieren und Guthaben aufzuladen, um an einem Verkaufsautomaten Produkte zu kaufen, wenn doch die Anwendung kontaktloser Karten und mit Bankkonten verknüpfter mobiler Geldbörsen zunimmt?

Hier müssten mit Rabatten und/oder Treueprämien starke Anreize geschaffen werden. Auch dann schneiden Komfort und Flexibilität im Vergleich zu anderen bargeldlosen Zahlungsmethoden schlecht ab.

Fazit

Die Automatenbranche macht sich intelligente Technik zunutze, was die öffentliche Wahrnehmung eines typischen Verkaufsautomaten radikal verändert hat. Die Einführung bargeldloser Automaten begann vor einiger Zeit durch die Integration von Chip-und-Pin-Geräten, aber es gibt noch viel Potenzial für Innovationen.

Bargeldloses Bezahlen ist als Grundlage für Komfort in der modernen Welt unerlässlich. Unabhängig davon, ob eine Gesellschaft in naher Zukunft vollkommen bargeldlos sein könnte oder nicht, nimmt das mobile Bezahlen bzw. Bezahlen mit kontaktlosen Karten erwiesenermaßen zu. Das ist eine Chance für die Verkaufsautomatenbranche, Verkaufszahlen zu steigern, den Wert einzelner Verkäufe zu erhöhen und die Effizienz von Betriebsabläufen zu verbessern.

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